Die Impfung ist eine vorbeugende Maßnahme gegen Infektionskrankheiten, bekannt auch als Schutzimpfung, Vakzination, Heilimpfung oder Immunisierung.
Hierbei wird ein wirksames Agens, der Impfstoff, in den Körper eingebracht,
mit dem Ziel, einen Impfschutz zu erreichen.
Je nach Impfstoff und Immunisierungsart (passive oder aktive Immunisierung)
werden unterschiedliche Applikationsformen angewandt: oral („Schluckimpfung”)
oder häufiger parenteral.
Letzteres erfolgt in der Regel intradermal, subkutan oder intramuskulär mit
einer Spritze. Die intradermale Impfung kann auch mit einer Lanzette oder einer
Impfpistole erfolgen.
Schutzimpfungen sind seit vielen Jahrzehnten ein bewährtes medizinisches Prinzip
bei der Kontrolle (und Eradikation) von Infektionskrankheiten.
Die meisten heute verwendeten Impfstoffe wurden im 20. Jahrhundert entwickelt,
doch durchaus erfolgreiche Vorläufer gab es schon im 19. und im 18. Jahrhundert.
Ein kurzer Blick zurück in die Geschichte der Schutzimpfung zeigt uns, dass
es auch möglich ist, aufgrund einfacher Beobachtungen aus dem medizinischen
Alltag wesentliche Rückschlüsse auf immunologische Phänomene zu ziehen und
auf dieser Basis effiziente Infektionsprophylaxe zu betreiben.
Prinzipien der Schutzimpfung
Mit der Durchführung der Schutzimpfung verfolgt man das Ziel, gegenüber einem
bestimmten Infektionserreger eine (humorale wie zelluläre) Immunität zu induzieren.
Je nach Art der Vakzine unterscheidet man dabei vier Arten von Impfungen, und zwar die
In der Regel werden Impfstoffe präexpositionell allein oder in Kombination
verabreicht.
In einigen Fällen kann auch noch postexpositionell geimpft werden (Beispiele:
Tetanus-Impfstoff, Hepatitis-A-Impfstoff).
In anderen Fällen wird bei der postexpositionellen
Prophylaxe aktiv-passiv vorgegangen, d. h., Impfstoff und Immunglobulin
werden simultan verabreicht (Beispiele: Hepatitis-B-Prophylaxe, Tollwutprophylaxe,
Tetanusprophylaxe).
Das Idealziel bei einer Impfung ist naturgemäß die Erreichung einer lebenslangen
Immunität mithilfe einer einmaligen Impfstoffgabe.
In der Praxis gelingt eine solche Impfstoffentwicklung nur sehr selten, da
es häufig sehr schwierig ist, vermehrungsfähige Erreger ohne pathogene Eigenschaften
zu gewinnen (Beispiel: Hepatitis-A-Impfung) oder den Erreger überhaupt zu züchten
(Beispiel: Hepatitis-B-Impfung).
In den nachfolgenden, kurzen Abschnitten sollen daher kurz die Prinzipien der
Impfstoffherstellung sowie die Vor- und Nachteile der jeweiligen Vakzinierungen
dargestellt werden.
Lebendimpfungen
Zur Gewinnung einer Lebendvakzine greift man häufig auf die Züchtung der Erreger
auf bestimmten Zelltypen zurück.
Andere Möglichkeiten bestehen im Rückgriff auf genetisch veränderte Erreger
oder auf Mutanten. Im Rahmen der Züchtung erfolgen dabei zunächst Selektionspassagen,
bei denen der Erreger langsam, aber sicher seine pathogenen Eigenschaften verliert.
So lässt sich das Hepatitis-A-Virus
in Affennierenzellen vermehren, wobei die erste Passage zwischen 4 und 5 Monate
dauert, d. h. mit dieser Zeit muss man rechnen, will man nennenswerte Mengen
Virusmaterial gewinnen, das dann erneut auf Affennierenzellkulturen gezüchtet
wird, geerntet, wieder in neue Kulturen eingebracht wird usw.
Auf Fibroblastenkulturen lässt sich dieses Impfvirus dann in so großen Mengen
vermehren, dass eine Impfstoffproduktion möglich wird.
In der Praxis wird solch ein (oder ein ähnliches) Verfahren der Impfstoffherstellung
bei einer ganzen Reihe von Krankheitserregern praktiziert, und zwar u. a. im
Falle folgender Erkrankungen:
Die unbestreitbaren Vorteile einer Lebendimpfung liegen darin, dass lokal eine Infektion nachgeahmt und durch die zahlreichen Antigene, die durch ihre Verabreichung angeboten werden, eine häufig dauerhafte Immunität geschaffen wird, die einen sehr langen Schutz garantiert – wie etwa bei der
oder sogar – nach dem heutigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis – eine vermutlich lebenslange Immunität induziert wie etwa im Falle der
Hauptnachteil von Lebendimpfstoffen ist die potenzielle Gefahr der Rückmutation
zum Wildtyp (Beispiel: OPV und Vakzineassoziierte paralytische Poliomyelitis
(VAPP).
Totimpfungen
Bei einer ganzen Reihe von Erregern gelingt es bei der Abschwächung der infektiösen
Agenzien nicht, apathogene, aber immer noch vermehrungsfähige Impferreger zu
produzieren bzw. zu garantieren, dass die Abschwächung genetisch so stabil
ist, dass keine Reversion zum Wildtyp (virulenter Stamm) möglich ist (Beispiel:
Hepatitis-A-Vakzine).
In anderen Fällen ist eine Züchtung überhaupt nicht möglich – ein Grund, warum
man dann auf das Prinzip der Totimpfung zurückgreift. (Beispiel: FSME-Impfstoff).
Die Keime werden dann entweder
Krankheiten, bei denen die entsprechenden Impfstoffe auf diese Art und Weise gewonnen werden, sind die
Einen besonderen Fall bei der Entwicklung einer Totvakzine stellte die Hepatitis
B dar. Da man sich hier im Klaren war, dass eine Impfstoffproduktion
allererste Priorität haben musste (z. B. wegen der Gefährdung des medizinischen
Personals), inaktivierte man mit verschiedenen Methoden (u .a. Formaldehyd)
Plasma
von chronisch Infizierten, um so schließlich das immunogene HBs-Antigen (HBsAg,
das die Bildung neutralisierender Antikörper
(Anti-HBs) induziert) zu erhalten.
Später gelang es, mithilfe gentechnischer Methoden reines HBs-Antigen herzustellen.
Dabei wird aus einem bestimmten, aus knapp 900 Basenpaaren bestehenden Abschnitt
der Hepatitis-B-Virus-DNA und E.coli-Bakterien ein Plasmid konstruiert, das zur
Impfstoffproduktion auf Bäckerhefezellen übertragen wird.
Die Freisetzung des
gewünschten Impfstoff-Antigens wird durch Zerstörung der Hefezellen erreicht.
Ähnlich könnte auch die Produktion des dringend benötigten Hepatitis-C-Impfstoffes
ablaufen.
Schließlich wird im Rahmen einiger Impfungen auch nach dem Prinzip verfahren,
dass gereinigte Proteine oder Polysaccharide zur Immunisierung angeboten werden
wie z. B. im Falle der
bakterielle Kapselsubstanz mithilfe eines Trägerproteins (z. B. Diphtherietoxoid) als Impfstoff angeboten wird – wie etwa bei der Impfung gegen
Wichtigster Nachteil bei der Anwendung von Totimpfstoffen ist der Zwang zur
Mehrfachimmunisierung, da die Antikörperspiegel in der Regel relativ schnell
in ihrer Konzentration abfallen.
So müssen im Allgemeinen nach der (beispielsweise drei- oder sogar vierzeitigen)
Grundimmunisierung zahlreiche weitere Impfstoffgaben (Booster) in bestimmten
Zeitabständen oder in Abhängigkeit von der Immunitätslage erfolgen, um das
Immunsystem immer wieder zur Antikörperproduktion anzuregen.
Einen Sonderfall könnte hier die Hepatitis B darstellen. Beobachtungen der
Antikörperkinetik geben hier Anlass zu der Vermutung, dass – oberhalb eines
bestimmten Schwellenspiegels – der Kontakt mit infektiösem Material (Blut)
genügen kann, um eine Boosterung zu erzielen.
Toxoidimpfungen
Bei einigen Erkrankungen ist es nicht notwendig, die Erregervermehrung durch
die Entwicklung einer beispielsweise antibakteriellen Immunität zu unterbinden.
So ermöglichte die Charakterisierung einiger – für den Menschen pathogenen – Toxine die Produktion von Impfstoffen, die ausschließlich eine antitoxische
Immunität versprechen.
Zwei Beispiele, bei denen ein solches Verfahren mit Erfolg angewendet wird,
sind die Immunisierungen im Falle von
Bei der Impfstoffentwicklung wurden die Toxine chemisch so inaktiviert und
modifiziert (durch Einwirkung von Formaldehyd), dass ihre Giftigkeit ausgeschaltet
wurde, gleichzeitig aber die Immunogenität erhalten blieb.
Nachteil dieser Immunisierungen ist – wie bei der Anwendung der Totimpfstoffe – die ebenfalls in regelmäßigen Abständen erforderliche Auffrischung durch
Boosterimpfungen und – aus dem Blickwinkel des öffentlichen Gesundheitsdienstes –, dass beispielsweise gegen Diphtherie Geimpfte durchaus mit dem Erreger infiziert
werden können und in der Lage sind, ihn auch weiterzugeben.
Kombinationsimpfstoffe
Im Falle einiger Impfungen werden Kombinationsimpfstoffe angeboten – nicht
zuletzt auch unter dem Aspekt, dass der Impfling (da häufig im Säuglings- oder
Kleinkindalter) möglichst wenig belästigt werden soll. Kombinationsimpfstoffe
gibt es nicht nur bei Toxoid- und/oder Totvakzinen – Beispiele:
sondern auch bei Lebendimpfstoffen – Beispiele:
In den nächsten Jahren ist mit der Zulassung weiterer Kombinationsvakzinen
zu rechnen, bei denen die Zahl der bislang enthaltenen Bestandteile (bislang
maximal acht) noch übertroffen werden dürfte.
Was die Immunogenität von Kombinationsvakzinen angeht, so scheinen zumindest
in einigen Fällen die verschiedenen Impfstoffkomponenten einander als Adjuvantien
zu dienen, was am Ende zu einer besseren Immunantwort führt.
Adjuvantien
Die Beobachtung, dass das FREUNDsche Adjuvans (Wirkprinzip: abgetötete Mykobakterien
mit Mineralölaufbereitung und Emulgator), bei Labortieren appliziert, in der
Lage ist, Makrophagen anzulocken und damit das Immunsystem zu aktivieren, hat
auch im Falle der Impfstoffentwicklung dazu geführt, dass Vakzinen hinsichtlich
ihrer Immunogenität deutlich verbessert werden konnten, wenn man Adjuvantien
zusetzte.
Es werden bei der Hepatitis-A-Vakzine höhere Antikörperspiegel erreicht, wenn
Aluminiumhydroxid hinzugefügt wird.Ähnliche Verfahren sind auch beim
Hepatitis-B-Impfstoff sowie bei zahlreichen anderen Toxoid- und Totimpfstoffen
üblich.
Bestimmung des Impferfolgs
Der Impferfolg (humorale Immunität) wird in der Regel dadurch dokumentiert,
dass nach einer bestimmten Zeit die Antikörperantwort gemessen wird.
Dabei sind verschiedene Verfahren gebräuchlich. So wird etwa im Falle der Rötelnimpfung
der Antikörpertiter gemessen. Bei der Zugabe von Probandenserum zu einer definierten
Erregermenge wird geprüft, ob eine Neutralisierung, d. h. eine Ausschaltung
der Erreger, stattfindet oder nicht.
Wenn ja, dann wird immer weiter verdünnt und der „Titer” bestimmt, bei dem
gerade noch eine Erregerausschaltung stattfindet. Da immer auf das doppelte
Volumen verdünnt wird, ergibt sich eine Titerabfolge von 1 : 2, 1 : 4, 1 :
8, 1 : 16, 1 : 32, 1 : 64 usw. Bei einigen anderen Impfungen verdünnt man
zunächst 1 : 10 und dann immer weiter, sodass sich Titer wie 1 : 80, 1 : 160,
1 : 320 usw. ergeben.
Je höher der erzielte Titer, umso höher die zirkulierende Antikörpermenge.
Ein weiteres Verfahren stellt die Angabe von Antikörperkonzentrationen in genau
definierten „Internationalen Einheiten” (I.E. oder – englisch – I.U.) dar.
Diese Methode wird beispielsweise bei der Hepatitis A oder der Hepatitis B
und mittlerweile auch bei Impfungen gegen Masern, Mumps oder Röteln (zusätzlich
zur Titerbestimmung) angewandt. Auch hier gilt: Je höher die nachgewiesene
Antikörpermenge in I.E., desto höher der aktuelle Schutz.
Die zuverlässige und preiswerte direkte Bestimmung der zellulären Immunität
dürfte in den nächsten Jahren noch nicht möglich sein.
Diese spielt bei einigen Erregern eine wichtige Rolle (z. B. Röteln, aber
auch Hepatitis B), und zwar dergestalt, dass selbst bei fehlendem Nachweis
von Anti-HBs (dem Antikörper, der Hepatitis-B-Virus ausschaltet) ein Schutz
vorhanden sein kann, und zwar dann, wenn nach der Grundimmunisierung eine gute
Antikörperantwort (> 100 Internationale Einheiten/l) als Beweis für eine induzierte
zelluläre Immunität gemessen wurde.
Rein auf die humorale Immunität ist man auf der anderen Seite beispielsweise
bei der Diphtherieimpfung angewiesen: Nur dann, wenn die im Serum nachgewiesene
Antikörpermenge oberhalb eines gewissen Schwellenwerts liegt, kann von einem
wirksamen Schutz ausgegangen werden.
Impfpläne
Die Ständige Impfkommission des am Robert Koch-Instituts (STIKO) ist für das
Impfwesen in Deutschland zuständig – ähnlich wie in Österreich der Oberste
Sanitätsrat (Impfausschuss) oder die Schweizerische Kommission für Impffragen,
die am Bundesamt für Gesundheit angesiedelt ist.
All diese Institutionen sprechen Empfehlungen aus, die dann – so die gesetzliche
Lage in Deutschland – von den Länder-Gesundheitsministerien umgesetzt werden
können.
Dies bedeutet, dass in Deutschland die
in die Kompetenz der Länder fallen.
Das Infektionsschutzgesetz regelt die Verfahrensweise bei der Kompensation
von Impfschäden.
Im Gegensatz zu zahlreichen anderen europäischen und außereuropäischen Ländern
hat man in Deutschland seit der Einstellung der Pockenschutzimpfung darauf
verzichtet, bestimmte Immunisierungsmaßnahmen zur Pflicht zu machen – eine
Tatsache, die sich sehr ungünstig auf die Durchimpfungsraten ausgewirkt hat,
insbesondere bei Immunisierungsmaßnahmen gegen Röteln, Masern und Mumps, aber
auch gegen die Poliomyelitis.
Die Durchführung von Impfmaßnahmen im internationalen Reiseverkehr wird von
den jeweiligen Ländern geregelt und von der Weltgesundheitsorganisation bekannt
gegeben.
Im arbeitsmedizinischen Bereich werden Impfempfehlungen inzwischen EU-weit
durch eine entsprechende Direktive geregelt, die seit einigen Jahren in Deutschland
und Österreich als „Biostoffverordnung” in Kraft ist.
Solange es noch keine Ausführungsbestimmungen in Form einer
TRBA (Technische
Regel Biologische Arbeitsstoffe) gibt, kann der berufsgenossenschaftliche Grundsatz
G 42 zurate gezogen werden, wenn es darum geht, Prophylaxe am infektionsgefährdeten
Arbeitsplatz zu betreiben.
Impfabstände
Von der STIKO werden zwischen verschiedenen Impfungen Mindestintervalle empfohlen,
die unbedingt eingehalten werden sollten.
Das Prinzip ist einfach: Da im Rahmen von antiviralen Lebendimpfungen eine
Infektion erzeugt wird, wäre eine im kurzen Abstand vorgenommene nachfolgende
Impfung mit einem Lebendimpfstoff wirkungslos.
Immer möglich ist aber die gleichzeitige Verabreichung mehrerer Lebendvakzinen – wie sie ja auch im Falle der Anwendung von Kombinationsimpfstoffen (z. B.
Masern, Mumps, Röteln) üblich ist.
Kontraindikationen
Nicht geimpft werden sollte generell
Entgegen der landläufigen Meinung, wonach während der Schwangerschaft auf
keinen Fall geimpft werden sollte, können doch einige Immunisierungsmaßnahmen
durchaus während der Gravidität vorgenommen werden.
Generell sollten natürlich Nutzen und Risiko gegeneinander abgewogen werden,
wenn es um die Impfstoffgabe bei einer schwangeren Frau geht. Vor allem bei
herabgesetztem Allgemeinzustand sollte nach Möglichkeit auf die Immunisierung
verzichtet werden.
Kontraindiziert sind bei Schwangeren lediglich Lebendimpfungen mit Ausnahme
der
Ausdrücklich indiziert ist
z. B. die Tollwutimpfung mit der HDC-Vakzine, aber auch die Hepatitis-B-Schutzimpfung
z. B. bei nicht zu umgehender beruflicher Gefährdung.
Auf der anderen Seite stellt eine versehentliche Impfung mit einem Lebendimpfstoff
bei noch nicht diagnostizierter, aber bereits bestehender Schwangerschaft keinen
zwingenden Grund zum Schwangerschaftsabbruch dar (z. B. Röteln).
Weitere Kontraindikationen für Impfungen bestehen bei
Hier – wie auch bei Personen, die an multipler Sklerose leiden – sind Lebendimpfungen
in der Regel zu vermeiden. Bei Diabetikern ergeben sich – vorausgesetzt, die
Krankheit wird klinisch gut beherrscht – keine besonderen Kontraindikationen.
Impfabstände und aktuelle Impfempfehlungen ergeben sich aus den Empfehlungen
der STIKO sowie den österreichischen und den schweizerischen Empfehlungen.